D. L. Vischer: Schiffe, Flösse und Schwemmholz

Cover
Titel
Schiffe, Flösse und Schwemmholz. Unterwegs auf Schweizer Gewässern. Eine Technikgeschichte


Autor(en)
Vischer, Daniel L.
Erschienen
Baden 2015: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
352 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Anna Bähler

Daniel L. Vischer, emeritierter Professor für Wasserbau an der ETH Zürich, veröffentlichte 2015 ein reich illustriertes Buch zur Geschichte der schweizerischen Wasserfahrzeuge und Wasserstrassen. Dabei geht er sehr umfassend auf die Thematik ein: Er befasst sich mit den Fluss- und Seeschiffen, mit eher standortgebundenen Einrichtungen wie Fähren, Schiffmühlen, Waschschiffen und Schwimmbaggern sowie mit der Flösserei und mit dem Schwemmen von losem Holz. Kurz streift er auch den Kanalbau und verschiedene weitere Gewässerkorrekturen, meist im Zusammenhang mit der Schifffahrt. Vischer betrieb für diese Publikation zwar nicht selber ein systematisches Quellenstudium, aber er fasst in verdankenswerter Weise die schon vorhandene, jedoch weit verstreute und nicht immer leicht greifbare Literatur zusammen. Damit bietet das Buch, das den Zeitraum von den prähistorischen Einbäumen bis zu den Anfängen des Dampfschiffzeitalters im 19. Jahrhundert umfasst, einen detailreichen Einstieg in die Thematik.

Der Autor fokussiert in erster Linie auf die Technikgeschichte: Er beschreibt die verschiedenen Schiffstypen, welche über die Jahrhunderte hinweg auf den Seen und Flüssen in Gebrauch waren, ihre Konstruktion, wozu und wie sie verwendet wurden und in welchen Regionen sie verbreitet waren. In schriftlichen Quellen ist allerdings wenig zur Konstruktion oder Ausstattung von Wasserfahrzeugen zu finden – wenn über Schiffe geschrieben wurde, dann drehten sich die Texte eher um juristische Inhalte oder um die Waren, die transportiert wurden. Deshalb bezieht sich Vischer häufig auch auf Bildquellen, die er ebenso kritisch betrachtet wie Textquellen.

Vischer hat die Gabe, technische Konstruktionen anschaulich und auch für Laien verständlich zu schildern. Hilfreich sind dabei die zahlreichen Abbildungen. Zudem blickt der Autor immer wieder über den Rand der reinen Technikgeschichte hinaus und bettet sie in wirtschaftliche und politische Entwicklungen ein. Manchmal behandelt er auch rechtliche Aspekte wie zum Beispiel die Konflikte um die Treidelwege. Ausgesprochen unterhaltsam zu lesen sind die zahlreichen Anekdoten, die Vischer erzählt. So erfahren die Leserinnen und Leser beispielsweise von zwei Schifffahrten nach Strassburg, welche die Zürcher in den Jahren 1456 und 1576 unternahmen. Dabei führten sie frisch gekochten Hirsebrei mit sich, und sie brachten die immerhin 235 Kilometer lange Flussfahrt so schnell hinter sich, dass der Hirsebrei bei der Ankunft noch warm war.

Leserinnen und Leser, die sich in erster Linie für den bernischen Kontext interessieren, sind beim Betrachten des Inhaltsverzeichnisses, das etwas ostschweizlastig wirkt, vielleicht etwas enttäuscht. Das Lesen des Buchs korrigiert diesen ersten Eindruck allerdings rasch. Beispielsweise tauchen im Inhaltsverzeichnis nur die Kriegsschiffe auf dem Zürichsee auf, im Kapitel «Galeeren» handelt Vischer jedoch genau so ausführlich die bernische Kriegsflotte auf dem Genfersee ab. Auch sonst kommen der Staat Bern und spezifisch bernische Aspekte der Schifffahrt und des Wasserbaus nicht zu kurz. Zum Beispiel widmet sich ein ganzes Kapitel dem Schwallbetrieb auf der Aare, der die Schifffahrt von Thun nach Bern auch in Niedrigwasserzeiten ermöglichte. Auch der Kanalbau im 17. Jahrhundert, der ebenfalls ein eigenes Kapitel einnimmt, betraf in erster Linie das Gebiet des Staates Bern.

Daneben finden sich diverse Unterkapitel zu bernspezifischen Inhalten: beispielsweise zum Transport von Bausteinen für die Errichtung der mittelalterlichen Untertorbrücke in der Stadt Bern, zur Erstellung der Grossen Aareschwelle auf dem Bödeli um 1430 oder zur Mechanisierung der Aushubarbeiten mit Schwimmbaggern im Rahmen der Juragewässerkorrektion ab etwa 1870. In einigen Kapiteln stellt Vischer ähnliche technische Entwicklungen in verschiedenen Regionen vergleichend dar, so beispielsweise die Anfänge der Dampfschifffahrt auf den Schweizer Seen oder die Trajektschifffahrt auf dem Boden- und dem Zürichsee sowie auf dem Thunersee. Auf jeden Fall lohnt es sich auch für Berner Lokalhistorikerinnen und -historiker, mehr als nur einen schnellen Blick in dieses Buch zu werfen!

Zitierweise:
Anna Bähler: Rezension zu: Vischer, Daniel L.: Schiffe, Flösse und Schwemmholz. Unterwegs auf Schweizer Gewässern. Eine Technikgeschichte. Baden: Hier und Jetzt 2015. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 78 Nr. 2, 2016, S. 77-79.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 78 Nr. 2, 2016, S. 77-79.

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